Überraschend vielseitig:
Mein Job bei Südwestmetall

Die Entscheidung für eine juristische Fachrichtung oder einen Arbeitsschwerpunkt ist eine sehr persönliche. Sie fußt auf Interessen, Überzeugungen, Möglichkeiten – und manchmal kann das unbekannte Terrain das mit dem größten Potential sein.

Die Verbandsarbeit lernte ich durch einen Zufall – heute möchte ich sagen – glücklichen Zufall kennen. Ich befand mich damals in der Verwaltungsstation am Sozialgericht Karlsruhe. Die Kammer hier besteht neben einem Berufsrichter aus zwei ehrenamtlichen Richtern. Während einer Verhandlungspause kam ich mit einem dieser beiden Richter ins Gespräch und scheinbar sah er bei mir etwas, was ich zum damaligen Zeitpunkt längst nicht so klar benennen konnte. Er fragte mich, ob ich bereits eine Wahlstation favorisieren würde. Ich hatte mir damals zwar Gedanken gemacht, war aber noch zu keinem Schluss gekommen. Er berichtete von seinem Job beim Arbeitgeberverband Südwestmetall und bot an, bei Interesse den Kontakt herzustellen.

Ich nahm das Angebot gerne mit nach Hause, legte es aber gedanklich erst einmal in eine Schublade, da ich mir unter der Arbeit bei einem Arbeitgeberverband wenig vorstellen konnte. Als ich anfing, mich mehr mit dem Thema zu beschäftigen und zu recherchieren, stellte ich fest: Die Aufgaben für einen Juristen sind bei Südwestmetall sehr vielseitig.

Kommunikation auf Augenhöhe

Ich stellte mich also vor, in meinem Fall bei der Bezirksgruppe, die die Region Mittlerer Oberrhein-Enz betreut. Was mir zuerst auffiel: eine sympathische, kollegiale Arbeitsatmosphäre. Und dieser erste Eindruck täuschte nicht: Als Referendar bei Südwestmetall hat man einen Mentor, aber jederzeit konnte ich auch die Kolleginnen und Kollegen fragen, wenn es mir wichtig erschien. Das war kein leeres Angebot, sondern gelebte Unternehmenskultur, und zwar für den gesamten Verband, also alle 13 Bezirksgruppen in Baden-Württemberg. Jeder ist (bildlich gesehen) nur einen Anruf entfernt. Dies ist vor allem für einen Berufsanfänger auf zwei Ebenen relevant: Zum einen sitzt man nicht, wie in meinem Fall, in einer Karlsruher Blase, sondern ist tagtäglich Teil eines enormen Netzwerks. Gestärkt wird dies durch gemeinsame Schulungen, beispielsweise zu Tarifvertragsthemen oder durch das jährliche Treffen aller Bezirksgruppen mit ihren Geschäftsführern, Juristen, Ingenieuren und Bildungsexperten. Zum anderen erlaubt einem dieses selbstverständliche Miteinander, auf Augenhöhe zu wachsen. Gerade als Anfänger sind die Unsicherheiten groß. Diese verschwinden nahezu, da man sich sicher und gefördert fühlt. Der (nennen wir es einmal) Reifeprozess ist bei Südwestmetall also sehr viel schneller ausgelegt.

Auch als Referendar:
mittendrin statt nur dabei

Was ich an der Verbandsarbeit auch schätze, ist der Außeneinsatz. Als Referendar in einer Anwaltskanzlei verlässt man verhältnismäßig selten sein Büro – bei Südwestmetall besucht man häufig die Mitgliedsunternehmen, weil die enge Zusammenarbeit auf beiden Seiten geschätzt wird. Der Referendar ist hier an vorderster Linie aktiv mit dabei. Genau das habe ich sehr genossen und möchte behaupten, dass das in den wenigsten anderen Stationen der Fall ist. Man ist vielleicht bei Treffen wie diesen dabei, die persönliche Kommunikation findet aber meist zwischen anderen statt. Auch fand ich es spannend, mit Unternehmen unterschiedlichster Größen zu tun zu haben: von den Klein- und mittelständischen Unternehmen (KMU) bis hin zu den großen Konzernen.

In Summe betreut die Bezirksgruppe rund 150 Unternehmen. Das heißt auch: Es gibt einen relativ festen Mandantenstamm. Diese Kontinuität wiederum lässt es zu, dass man sich kennt. Dass man sich vertraut. Und dass dadurch ein äußerst befruchtendes Miteinander entsteht.

Die Verbandsarbeit: vielfältig

Noch ein paar Worte zu den Arbeitsschwerpunkten: Im Gegensatz zum Studium, in dem vor allem das klassische Arbeitsrecht im Vordergrund steht, hat die Verbandsarbeit auch das kollektive Arbeitsrecht im Fokus – das weitaus spannendere Themenfeld, wie ich finde! Der Arbeitgeberverband verhandelt zum Beispiel in Tarifverhandlungen die Arbeitsbedingungen mit den Gewerkschaften, berät die Mitgliedsunternehmen in Fragen des Arbeits- und Sozialrechts, der Arbeitsgestaltung und der Entlohnung und führt für sie Prozesse an Arbeits- und Sozialgerichten.

Generell setzt sich der Verband für die Interessen der Metallarbeitgeber rund um den Faktor Arbeit ein. Da das Arbeitsrecht hierzulande primär den Arbeitnehmer und dessen Schutz im Blick hat, ist es eine anspruchsvolle und gleichzeitig befriedigende Aufgabe, entsprechende Möglichkeiten auszuloten. Und sie erinnert mich an meine ursprüngliche Motivation für das Jurastudium: Ich wollte die Regeln, nach denen eine Gesellschaft funktioniert, kennen und anwenden, um im besten Fall zu einer Verbesserung der Umstände beizutragen.

In diesem Kontext bildet Südwestmetall auch in Seminaren und Veranstaltungen Personaler und Geschäftsführer der Mitgliedsunternehmen weiter. Die Organisation dieser Veranstaltungen und die Schulung selbst gehört übrigens ebenfalls zu dem Aufgabenfeld eines Verbandsjuristen und ermöglicht auch hier, wertvolle Erfahrungen zu sammeln. Im Übrigen gibt es diverse Kooperationen mit Schulen und Universitäten, Einrichtungen, in denen wir ebenfalls als Juristen präsent sind.

Mein Fazit

Die Arbeit als Referendar kann sehr unterschiedlich ausfallen: Man kann mit kleinen oder großen Aufgaben betreut werden, Mandanten-Kontakt haben oder auch nicht, sich als Teil eines Teams fühlen oder als temporäres Anbei. Bei Südwestmetall jedoch gibt es nur eine Form des Miteinanders: Wenn du dabei bist, bist du dabei – ob als Referendar oder angestellter Jurist. Von Anfang an hatte ich wichtige Aufgaben zu betreuen, war mit an vorderster Front, im direkten Kontakt mit den Mitgliedsunternehmen und fühlte mich stets zu 100 % gesehen und gehört. Eine Station auf einem solchen Niveau ist selten, und mehr als empfehlenswert.

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Anatoly Gordeev
Referent Arbeits- und Sozialrecht bei Südwestmetall, Bezirksgruppe Mittlerer Oberrhein-Enz

Der Beitrag ist zuerst erschienen im Jura-Magazin »Der Wirtschaftsführer für junge Juristen«, Ausgabe 04/2020.